Der Wechsel von der dritten zur vierten Ebene ist ein fast unmerklicher. Die vierte Ebene ist die des Wachsens. Und meistens geschieht Wachsen immer still und heimlich, und oft entdecken wir erst rückblickend, daß wir gewachsen sind. Die vierte Ebene ist also die, wo wir ernten, was wir in den drei anderen Ebenen gesät haben. Und ich meine das wirklich positiv. Diese vierte Ebene ist nur zu erreichen, wenn wir die Entscheidung zum andern hin getroffen und wenn wir an unserer Liebe gearbeitet haben. Das Durchhalten, das Vergeben, das immer wieder neue Wege zum anderen Suchen, das Aufgeben des Lust-und-Laune-Prinzip, das Entdecken meiner tieferen Wünsche, das Miteinander-sprechen-Lernen, das Herausfordern, das Unabhängig-Werden, das alles wird jetzt umgemünzt in neue Einsichten, in einen Durchblick, den wir noch nie gehabt haben. Wir verstehen die Zusammenhänge der Liebe besser. Wir erkennen uns selbst tiefer, und wir verstehen unseren Partner besser. Kurz: Wir sind gewachsen. Wir erleben das beglückende Gefühl, daß es nicht umsonst war.
Ich möchte es vergleichen mit einer Bergtour. Man hat den Gipfel von unten gesehen, man hat gehört, daß der Ausblick vom Gipfel wunderbar sein soll. Und so hat man sich auf den Weg gemacht. Als dann die Schwierigkeiten begannen, hat man oft daran gedacht, aufzugeben, zurückzukehren. „Ich schaffe es ja doch nicht, es ist einfach zu schwer“, war der Satz, der uns immer wieder durch den Kopf ging. Aber wir haben durchgehalten, durch unwegsame Wälder, über Gletscher, haben in Steilwänden gehangen, angespornt durch den Anblick des Gipfels.
Und dann stehen wir endlich auf dem Gipfel uns sehen die Welt ganz anders, eben so, wie man sie nur vom Gipfel sehen kann. Und der Ausblick wäre nicht derselbe, wenn wir uns mit dem Hubschrauber hätten hochfliegen lassen. Der Anblick trägt noch die Scherarbeit, die wir gerade geleistet haben, in sich. Der Anblick ist mit einem Einsatz verbunden gewesen. Und doch denken wir jetzt auf dem Gipfel nicht an die vielen notvollen Situationen unterhalb des Gipfels. Wir freuen uns, daß wir es geschafft haben. Es hat sich doch gelohnt!
Ich glaube, daß es im Bereich der Liebe überhaupt keinen Hubschrauber auf den Gipfel gibt. Wenn wir also die Liebe besser verstehen wollen, das Prinzip, durch das Gott in der Welt anwesend ist, das Lebensprinzip, dann können wir es nur, indem wir auch bereit sind, uns den Strapazen auszusetzen. Wenn wir tiefe Einsicht wünschen, müssen wir gewillt sein, Schmerzen zu ertragen.
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(Ulrich Schaffer)
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